Die Anwendung agiler Vorgehensweisen ist mittlerweile im Standard angekommen. Iterative Entwicklung von Programmsystemen und agiles Projektmanagement gehören zum guten Ton. Agile Entwicklungsmethoden sind damit ebenso anerkannt wie traditionelle, etwa auf Basis des Wasserfall- Modells.
Für IT Organisationen tut sich in diesem Zusammenhang ein großes Spannungsfeld auf: Sie drohen, zwischen dem Management ihrer hochstandardisierten Legacy-IT, der Einführung agiler Lösungen und hohem Erwartungsdruck von Anwendern und Endkunden zerrissen zu werden.
Hochoptimierte Enterprise IT / Legacy IT
Viele IT Organisationen sind als zentraler Dienstleister in hohem Maß auf Kostenoptimierung und Effizienz ihrer Dienstleistungen sowie Erbringung stabiler und sicherer Services ausgerichtet.
- Nicht zur Kernkompetenz zählende Themen werden als Services in Form von Outsourcing bzw. Near-/Offshoring zugekauft. Hoher Druck auf Standardisierung, transparente Produktkataloge, stringentes Anforderungsmanagement und insgesamt eher reaktives Agieren als Gesamtorganisation gehen damit einher.
- Die Kernsysteme („Legacy IT“) sind oft sehr komplex mit vielen Facetten zur Unterstützung wesentlicher Geschäftsprozesse, sie kommunizieren mit ihrem Umfeld über eine Vielzahl unterschiedlichster Schnittstellen. Üblicherweise sind sie traditionell auf Basis von Wasserfallmodellierungen entwickelt. Nicht zuletzt aus Gründen der Komplexität systemübergreifender Feature-Entwicklungen folgen die Legacy Systeme definierten Releasezyklen, welche koordinierte Deployments ermöglichen.
Agile Einzel-Lösungen, disruptive Entwicklungen
Für die Neuentwicklung einzelner, definierter Systeme haben viele IT Organisationen – dem Mainstream folgend – agile Vorgehensweisen eingeführt und sammeln erste Erfahrungen mit deren Anwendung.
- Diese Systeme repräsentieren in der Regel flexibel änderbare, endkundenrelevante Funktionalitäten, sind zumeist Insellösungen und folgen ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten, Anforderungspfaden und Release-Zeitpunkten. Sie sind mit wenigen Schnittstellen klar abgegrenzt.
- Die agilen Lösungen bilden eine Welt für sich mit eigenen Tool-Chains, spezifisch ausgerichtetem Qualitätsmanagement, anderen Interaktionen mit den Anwendern mit anderen Rollenbildern. Product Owner, Backlog, CI/CD (Continuous Integration / Continuous Deployment), DevOps, Tribes bzw. Squads sind nur einige der einhergehenden organisatorischen und technischen Elemente.
- Aus Gesamt IT-Sicht sind sie auf die hochintegrierten Systeme zumeist „aufgepropft“ und stehen den bisher standardisierten Abläufen gegenüber.
Hoher Erwartungsdruck
Diesem Leistungsgefüge stehen oftmals diametral ausgerichtete Erwartungen und Anforderungen von internen Fachbereichen sowie externe Herausforderungen gegenüber:
- Fachbereiche fordern ein Auftreten der IT als Innovationspartner. Sie erwarten proaktives und flexibles Agieren sowie Agilität und hohe Geschwindigkeit bei der Einführung marktfähiger Lösungen. Technisch bedeutet dies üblicherweise Cloud-basierende Funktionsbereitstellung.
- Faktoren aus der Außenwelt des Unternehmens kommen als weitere Treiber hinzu: Änderungen im Markt- und Kundenverhalten, rasche Reaktionserfordernis auf äußere Zwänge (zB Covid-19) und resultierende neue, tlw. disruptive Geschäftsmodelle. Druck auf zunehmende Digitalisierung und neue technologische Trends tun ein Übriges.
- Hinzu kommen noch Glaubensbekenntnisse und Wertmaßstäbe wie „Agil ist gut“, „Wasserfall ist out“, „Nur wenn man agil ist, hat man alles richtig gemacht“, etc. als weitere Druckpunkte.
Resultierendes Spannungsfeld
Eine der Hauptherausforderungen ist die permanent funktionsfähige Bereitstellung der Systeme aus Gesamtsicht, d.h. die Zusammenbindung funktions- bzw. einsatzfähiger Releases und deren Funktionsfähigkeit aus end-to-end Sicht einschließlich ganzheitlichem Servicemanagement aus Endkundensicht.
Insbesondere in den Bereichen Service Management bzw. Service Delivery stehen agile Setup´s und Prinzipien den Vorgaben der Legacy IT diametral gegenüber. Gerade die Einführung übergreifender Funktionalitäten (d.h. Legacy und Agile geordnet „unter einen Hut“ zu bekommen) gestaltet sich sehr komplex:
Was funktioniert in welchem System zu welchem Zeitpunkt? Welche funktionalen Voraussetzungen sind zu beachten, welche Abhängigkeiten bestehen? Was ist wann testbar? Was kann wann deployed werden? Welche Features bzw. -ausprägungen passen zusammen? Was ist bereits vorhanden, was (noch) deaktiviert? Wie passen Releases der Legacy IT und deren Termine mit Continuous Integration/Continuous Deployment Pipelines der agilen Welt zusammen? Was kann wann in Produktion genommen werden? Welche Systemketten bzw. Stages sind in welcher Ausprägung erforderlich? Was passiert im Problemfall, wie erfolgen (L1/L2/L3) Fehleranalyse, Fehlerbehebung und Einspielung resultierender Korrekturen? Wie funktionieren Servicemanagement und Interaktion mit betroffenen Anwendern bzw. Kunden? Wer kümmert sich worum?
So lange einige wenige Systeme betroffen sind, bleibt die Situation noch überschaubar. Die Komplexität steigt jedoch rasant, je mehr (agile) Systeme und Schnittstellen im Spiel sind.
Sind die o.g. Fragen nicht ausreichend gelöst, mutiert das Spannungsfeld zum Pulverfass und es stellt sich die Frage: Wann „zerreisst“ es die IT?
Gelingt es nicht, diese Erwartungen zufriedenstellend abzudecken, versuchen Anwender, Lösungen selbst zu organisieren. So entstehen oftmals dezentrale (Schatten-) IT Einheiten in den Fachbereichen, sehr oft unter unklarer IT Governance.
Dennoch sind deren – vielfach unabgestimmte und mit den Firmenstandards inkompatible – Beschaffungen oder Umsetzungen am Ende des Tages – aus Sicht der Enterprise IT unter hohem Aufwand, aus Sicht der dezentralen IT unter Abstrichen und Verlust der Flexibilität – in die Enterprise IT einzubinden.
Eine Lose-Lose Situation.
Scheitern darf keine Option sein – Was ist also zu tun?
Vielen IT Organisationen ist bewusst, dass sie mit diesem komplexen Spannungsfeld entweder bald konfrontiert werden oder bereits damit konfrontiert sind und sie früher oder später stabile Antworten benötigen, wie sie damit umgehen und entsprechende Balance finden können.
Für die Lösung der o.g. Herausforderung gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten und Ansätzen. Klar ist, dass die Ausgangssituation in jedem Unternehmen anders ist und unterschiedliche Anforderungen zu erfüllen sind.
Eine Analyse der individuellen Situation wird daher die Ausgangsbasis für zielführende Lösungsschritte sein, um auf die spezifischen Erfordernisse eingehen und daraus resultierend die jeweils optimale Konstruktion umsetzen zu können. Diese besteht in der Regel aus einer Mischung aus Anpassungen von Organisation und Abläufen, viel Architektur-Arbeit, klarer Definition von Schlüsselprozessen wie Systementwicklung, Service Management und Projektmanagement, intensiver Planung und enger Integration bzw. Interaktion mit den Fachbereichen und kann bis hin zur Konzeption einer IT der zwei Geschwindigkeiten unter klarer Governance und entsprechendem Management Commitment gehen.
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